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Das neue Abenteuer-Biker-Buch: Harlistas in der Karibik3 min read

11. November 2014

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Das neue Abenteuer-Biker-Buch: Harlistas in der Karibik3 min read

Das neue Abenteuer-Biker-Buch: Harlistas in der Karibik

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Leseprobe: Es knirschte bedenklich. Die schwere Harley neigte sich bedrohlich zur Seite, das Vorderrad driftete weg, obwohl ich mich mit dem gesamten Körpergewicht dagegen wehrte. Ich drohte umzukippen. Ich gab mehr Gas, die mächtigen Auspuffe brüllten auf. Ich zog an der Kupplung, ließ wieder los, riss am Gasgriff, um die richtige Drehzahl zu finden und balancierte dabei das fast 400 kg schwere Ungetüm durch den lockeren Kies. Von rechts gierte Meerwasser nach der Maschine, nur Zentimeter entfernt säumten Schaumkronen den Rand des provisorischen Schotterweges. Ich eierte mit der Electra Glide diesen schlimmsten aller Wege entlang, verfluchte den Tag und den grandiosen Einfall, diesen Weg trotz der mahnenden Worte im Reiseführer eingeschlagen zu haben.

Harlistas in der Karibik: www.backroad-diaries.de

Die 185 km lange Route zwischen dem kleinen Örtchen Pilon in der Provinz Granma und Santiago de Cuba wurde als spektakulär, aber hinsichtlich ihres Zustandes leider als eine der schlechtesten Straßen im ganzen Land beschrieben. Beides stimmte. Eingeklemmt zwischen den Bergketten der Sierra Maestra und der karibischen See schlängelte sich die Route von einem phantastischen Postkartenmotiv zum nächsten. Wenn der Blick in die Ferne streifte, war also alles in Ordnung. Fiel er jedoch auf die Piste, auf der wir uns fortbewegten, trübte er sich beträchtlich. Loch an Loch reihte sich über endlose Kilometer. Spurrillen lauerten heimtückisch. Riesige Krater warteten auf unvorsichtige Fahrer, um sie und ihre Fahrzeuge einfach zu verschlucken. Manchmal war die Straße zur Meerseite hin einfach abgebrochen, die Hälfte des Asphaltes war einfach weggerissen, und wir mussten uns akrobatisch zwischen Abgrund und Straßengraben durch die enge Stelle winden. Das war kein Problem, solange uns der Wind in Ruhe ließ. An manchen Stellen jedoch pfiff es gewaltig um die Ecke, und manchmal wütete ein stürmischer Wind von der Seeseite. Wir hatten alle Hände voll zu tun, um die Motorräder in der Balance zu halten. Einige Male riss uns der Sturm beinahe um, denn unsere Maschinen waren teilweise hoch beladen und boten somit noch bessere Angriffsfläche als ohnehin schon.

¿Cómo estas? rief der Alte vom Kutschbock seines Fuhrwerkes herunter, das von einem Esel gezogen wurde. Er winkte fröhlich und kämpfte sich in der Gegenrichtung über den Kiesweg. Da er über zwei Räder verfügte, konnte er absolut gelassen bleiben. Wir hatten nunmehr ein Hindernis mehr zu überwinden, denn der Kutscher mit seiner Karrete nahm die gesamte Breite des Weges ein und dachte gar nicht daran, zur Seite zu lenken. Er hatte überhaupt nicht realisiert, dass es für uns ungleich schwerer war, diese heikle Stelle zu passieren, als für ihn auf seiner archaischen Kutsche. Natürlich war das auch gar nicht ohne weiteres möglich, denn zur einen Seite, direkt an den eingestürzten Tunneln, begrenzten riesige Findlinge die hoch aufragende Steilwand. Und auf der anderen Seite wartete das karibische Meer, dessen Wellen nach uns lechzten und dessen Gischt wir wie feuchten Atem im Nacken spürten.